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Wann bezahlt das Sozialamt eine neue Wohnung?

Pressemitteilung vom 08.12.1998


Im Sozialamt häufen sich Umzugswünsche/Ein Team entscheidet

Die eigenen vier Wände sind besonders für viele junge Leute ein Traum. Nicht immer läßt sich ein solcher Wunsch jedoch von heute auf morgen verwirklichen, denn er muß bezahlbar sein.

Dies ist auch das ausschlaggebende Kriterium für die zuständige Stelle im Sozialamt, Umzugswünsche oder eine neue Wohnung abzulehnen. Die Anfragen, Anträge und Forderungen häufen sich in der Abteilung des Rostocker Sozialamtes. Und oft fallen die Entscheidungen nicht im Sinne der Betroffenen aus, auch wenn die Gründe durchaus verständlich sind. Da möchte die junge Mutter mit ihrem kleinen Sprößling in die Nähe ihrer Eltern ziehen, weil sich gerade eine ideale Tauschmöglichkeit bietet. Da hängt in der Familie mit erwachsenen Kindern wieder der Haussegen schief und beide Parteien wollen endlich ein eigenes Reich. Der Beispiele gibt es mehr und manche ähneln sich. Rund ein Dutzend derartiger Ansinnen erreichen die für wirtschaftliche Hilfen zuständige Abteilungsleiterin Ilona Eckardt in der Woche. Am Telefon kann und will sie nicht sofort ja oder nein sagen. Fall für Fall wird sorgsam die Notwendigkeit geprüft. Schließlich ist ein Umzug auch in der Familie keine Entscheidung, die man von heute auf morgen trifft. Auch da wird man unterschiedliche Möglichkeiten abwägen, wird überlegen was man sich leisten kann und wann. Müssen Umzüge mit Steuergeldern bezahlt werden, liegt eine verantwortungsbewußte Prüfung auf der Hand.

Das Sozialamt kann Umzüge nur in Einzelfällen bezahlen, nur dann nämlich, wenn zwingende Umstände einen Umzug erfordern. Schließlich summieren sich zu den Umzugskosten meist auch eine höhere Miete, Kaution, Renovierungkosten oder zusätzliche Einrichtungsgegenstände. Preis und Größe einer Wohnung sollen angemessen sein, argumentiert Ilona Eckardt. Nicht in jedem Fall wird der Sozialhilfeempfänger seine Traumwohnung im gewünschten Stadtteil finden, sondern auch Kompromisse akzeptieren müssen.Künftig wird sich eine Arbeitsgruppe im Sozialamt der Umzugswünsche gemeinschaftlich annehmen. Hier werden neben den Sachbearbeitern auch Sozialarbeiter und Innenrevisor über die Notwendigkeit einzelner Anträge entscheiden.

Gründe für das Beziehen einer neuen Wohnung sind nach dem Bundessozialhilfegesetz eindeutig geregelt. Sie liegen vor bei drohender Obdachlosigkeit oder unzumutbar engen Wohnverhältnissen. Die sind allerdings noch nicht gegeben, wenn erwachsene Kinder über Jahre bei den Eltern wohnen und diesen Zustand plötzlich für untragbar halten. Da sollten zunächst im Familienrat Lösungsmöglichkeiten innerhalb der vorhandenen Räumlichkeiten durchdacht werden. Eltern sind verpflichtet, ihre wirtschaftlich unselbständigen Kinder, zu beherbergen und ihnen somit den sogenannten Naturalunterhalt zu gewähren. Darunter verstehen Fachleute Unterkunft, Ernährung und Barunterhalt. Sollten Kinder und Eltern das gemeinsame Zusammenleben unter einem Dach für untragbar halten, könnte der Weg zum Gericht eine Chance sein. Wenn auch das zuständige Vormundschaftsgericht eine Trennung als einzigen Ausweg ansieht und Eltern ihren hilfebedürftigen Kindern den Naturalunterhalt nicht gewähren, wird das Sozialamt die Anspruchsberechtigung auf Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz prüfen. Im Fall eines Umzugs rät Ilona Eckardt den Rostocker Sozialhilfeempfängern, sich zunächst mit dem Amt und erst dann mit einem potentiellen Vermieter in Verbindung zu setzen, um unliebsame Überraschungen von vornherein auszuschließen.