Wir sind keine Ökos, wir denken nur nachhaltig
Pressemitteilung vom
Wirtschaftliche, soziale und ökologische Interessen nachhaltig in
Einklang zu bringen, dieses Anliegen hat sich der Agenda-21-Rat der
Hansestadt zur Aufgabe gemacht. Seit Februar 2000 leitet Dr. Doris
Schiedek das ehrenamtliche Gremium. Der „Städtische Anzeiger“
sprach mit der Biologin, die seit 1992 am Institut für Ostseeforschung
Warnemünde arbeitet.
Frage: Seit mehr als vier Jahren arbeitet der ehrenamtliche Agenda-21-
Rat in Rostock. Mit Erfolg?
Dr. Doris Schiedek: Oh ja, wir sind ein anerkanntes Gremium in der
Stadt geworden.
Frage: Wo konnte der Agenda-Rat seine Kompetenz einbringen?
Dr. Doris Schiedek: Beispielsweise bei der Planung und Umsetzung
der Konzeption zur IGA 2003 und des Nachnut-zungskonzeptes. Auch
die Leit-linien zur Stadtentwicklung der Hansestadt, die im Jahr 2000
mit der Unterstützung vieler Vereine, Verbände, Ämter, Bürger und
Bürgerinnen der Stadt diskutiert und von der Bürgerschaft
verabschiedet wurden, hat der Agenda-Rat mit geprägt.
Frage: Wozu braucht man diese allgemeinen Vorgaben?
Dr. Doris Schiedek: Sie sind der Handlungsrahmen für die zukünftige
Entwicklung unserer Stadt, beispielsweise in den Bereichen Wirtschaft,
Wohnen, Umwelt und Kultur.
Frage: Wo hat sich dies schon ausgezahlt?
Dr. Doris Schiedek: Bei der Stadtplanung und der Wohnum-
feldgestaltung oder beim Ausbau des Stadtverkehrs. Außerdem gibt es
einen Bürgerschaftsbeschluss zum „Fairen Handel“ und
umweltfreundliches Radeln wird ebenfalls unterstützt. Nicht zuletzt
wurde die Hansestadt bei einem bundesweiten Wettbewerb 2002 als
„zukunftsfähige Kom-mune“ ausgezeichnet.
Frage: Wie geht es mit den Leitlinien weiter?
Dr. Doris Schiedek: Sie werden natürlich fortgeschrieben. Im
September wird es dazu eine öffentliche Veranstaltung geben. Dort
sollen auch Ergebnisse der bisherigen Umsetzung vorgestellt werden.
Danach sollen die Leit-linien in einer breiten Diskussion, unter
Beteiligung des städtischen Büros für nachhaltige Stadtent-
wicklung/Agenda 21 und des Agenda 21-Rates, aktualisiert werden.
Frage: Wie setzt sich der Agenda 21-Rat zusammen?
Dr. Doris Schiedek: Derzeit hat der Rat 19 Mitglieder, darunter ist der
Oberbürgermeister, Vertreter aller Bürgerschaftsfraktionen sowie fünf
Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aus den Bereichen Wirtschaft,
Kultur, Soziales und Hochschule. Außerdem gehören dem Rat die
Sprecher und Sprecherinnen der Agenda-Arbeitskreise an.
Frage: Welche sind das?
Dr. Doris Schiedek: Da ist zum Beispiel der Entwicklungspoli-tische
Runde Tisch sowie die Arbeitskreise Frauen und Lokale Agenda 21,
Mobilität, Öko-Audit, Klimaschutz sowie Stadt- und
Regionalentwicklung.
Frage: Wie gehen Sie mit dem Vorurteil um, als unflexible Ökos zu
gelten, die statt Auto zu fahren permanent zu Fuß gehen oder Fahrrad
fahren?
Dr. Doris Schiedek: Sehr locker. Denn ich betrachte mich keinesfalls als
einseitig denkender Umweltfreak. Ich mag mein Fahrrad, bin häufige
Benutzerin von Bus und Bahn und fahre auch gerne Auto. Alles zu
seiner Zeit und ich finde es gut, zwischen den dreien wählen zu können.
Frage: Wie kann man sich als interessierter Bürger für die Anliegen des
Agenda-Rates engagieren?
Dr. Doris Schiedek: Ganz einfach, in den Arbeitskreisen mitmachen.
Diese sind offen, das heißt, man kann dort an einem oder mehreren
Projekten mitarbeiten, die einen interessieren und wenn man möchte,
den Arbeitskreis wieder verlassen und woanders mitmachen.
Ansprechpartner für Interessierte ist das Büro für nachhaltige
Stadtentwicklung/ Agenda 21 (Tel. 381-1148).
Frage: Welchen Themen will sich der Agenda 21-Rat künftig besonders
widmen?
Dr. Doris Schiedek: Dem Umweltmanagementsystem zum Beispiel,
das gegenwärtig bereits mit großem Erfolg im Umweltamt umgesetzt
wird. Und dabei geht es keineswegs nur um Licht ausknipsen. So soll
beispielsweise der Anteil an Recyclingpapier in der Verwaltung auf 70
Prozent erhöht werden. Es gibt eine ganze Reihe von anderen
Maßnahmen und was sich hier vielleicht simpel anhört, bringt unterm
Strich eine richtige Einsparung von Kosten. Gutachter aus England
haben bei einem deutschlandweiten Städtevergleich in puncto
Umweltmanagement dem Umweltamt der Hansestadt Rostock sehr
gute Noten vergeben. Wir sind also auf diesem Sektor vielen Städten
meilenweit voraus und nun geht es darum, das Konzept zukünftig
möglichst in der gesamten Stadtverwaltung umzusetzen.
Frage: Gibt es weitere Themen?
Dr. Doris Schiedek: Aber ja, der Arbeitskreis Mobilität zum Beispiel
erarbeitet zur Zeit eine Broschüre „Mobil in Rostock“. Viele werden
überrascht sein, wie vielfältig die Möglichkeiten sind, bei Tag und Nacht
gut durch Rostock zu kommen. Gemeinsam mit dem
Entwicklungspolitischen Tisch bereitet das Agenda Büro für den 18.
Juni die Veranstal-tung „Fair-walten in Rostock“ vor.
Frage: Welche Chancen hat der Agenda-21-Rat, direkt in politische
Entscheidungen einzu-greifen?
Dr. Doris Schiedek: Wir können uns direkt an die Bürgerschaft wenden,
haben dort auch Rede-recht oder an die Ausschüsse. In der
Vergangenheit war dies häufig der Ausschuss für Stadt- und
Regionalentwicklung, Umwelt und Ordnung.
Frage: Was ist Ihr persönliches Credo, um Ziele zu erreichen ?
Dr. Doris Schiedek: Konflikte beseitigen und nicht schaffen. Gibt es
konträre Meinungen, sollte jeder Partner die Chance erhalten, seine
Argumente zu Gehör zu bringen. Dann kann man sich einigen, ohne
dass derjenige gewinnt, der am lautesten schreit. Ich weiß, das klingt
sehr idea-listisch, aber ich bin nun mal bestrebt, alle Seiten an einen
gemeinsamen Tisch zu bekommen und einen Konsens zu finden
Frage: Woher nehmen Sie Ihren Idealismus?
Dr. Doris Schiedek: Ich würde es nicht Idealismus nennen, sondern
eher Motivation. Als Biologin am Institut für Ostseeforschung in
Warnemünde arbeite ich häufig mit Wissenschaftlern aus
verschiedensten Ländern zusammen. Dabei gilt es wissenschaftliche
Fragen zum Lebensraum Meer zu beantworten und gemeinsame
Lösungen zu finden, über sprachliche und kulturelle Grenzen hinweg.
Ich denke, das hat dazu beigetragen, dass ich mich für nachhaltige
Entwicklung interessiere und einsetzen.
Vielen Dank für das Gespräch.
ka