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Na­vi­ga­ti­on

XVI. Ver­an­stal­tungs­rei­he der Ros­to­cker Ge­mein­de­psych­ia­trie:

Pres­se­mit­tei­lung vom 06.10.2010

In der Wo­che vom 7. bis 13. Ok­to­ber fin­den zum fünf­ten Mal die Ros­to­cker Film­ta­ge "AB`GE­DREHT" im Licht­spiel­thea­ter Wun­der­voll statt. Vor dem Hin­ter­grund, dass De­pres­sio­nen und Angst­stö­run­gen im­mer mehr an Be­deu­tung ge­win­nen und bei Ar­beits­un­fä­hig­keits­fäl­len so­wie Früh­be­ren­tun­gen be­reits jetzt ei­ne füh­ren­de Rol­le spie­len, wur­de die­se the­ma­ti­sche Film­wo­che durch das Ge­sund­heits­amt in Zu­sam­men­ar­beit mit der Kli­nik für Psych­ia­trie der Uni­ver­si­tät Ros­tock, der Ge­sell­schaft für Ge­sund­heit und Päd­ago­gik, der AWO-So­zi­al­ar­beit, den Lan­des­ver­bän­den Psych­ia­trie-Er­fah­re­ner Meck­len­burg-Vor­pom­mern e.V. und An­ge­hö­ri­ger und Freun­de psy­chisch Kran­ker e.V. so­wie dem Licht­spiel­thea­ter Wun­der­voll or­ga­ni­siert.

Schät­zun­gen zu­fol­ge lei­den mehr als 27 Pro­zent der er­wach­se­nen Eu­ro­päe­rin­nen und Eu­ro­pä­er min­des­tens ein­mal im Le­ben un­ter psy­chi­schen Stö­run­gen. Die am wei­tes­ten ver­brei­te­ten Stö­run­gen in der EU sind Angst und De­pres­sio­nen. Es wird da­mit ge­rech­net, dass De­pres­sio­nen bis zum Jahr 2020 die zweit­häu­figs­te Ur­sa­che von Er­kran­kun­gen in den In­dus­trie­staa­ten sein wer­den. Zur­zeit ster­ben in der EU et­wa 58.000 Per­so­nen jähr­lich durch Selbst­tö­tung. Das der­zei­ti­ge Le­bens­zeit­ri­si­ko, an ei­ner psy­chi­schen Stö­rung zu er­kran­ken, liegt al­ler­dings mit über 50 Pro­zent der Be­völ­ke­rung we­sent­lich hö­her. Aus­maß und Fol­gen sind da­bei höchst va­ria­bel: Ei­ni­ge er­kran­ken nur epi­so­disch kurz­zei­tig über Wo­chen und Mo­na­te, an­de­re län­ger­fris­ti­ger. Ca. 40 Pro­zent sind chro­nisch, dass hei­ßt über Jah­re oder gar von der Ado­les­zenz bis an ihr Le­bens­en­de, be­trof­fen.

In die­sem Sin­ne trägt die­se Wo­che so­wohl zur Auf­klä­rung über ver­schie­de­ne psy­chi­sche Er­kran­kun­gen als auch zur Re­la­ti­vie­rung und Sen­si­bi­li­sie­rung weit­ver­brei­te­ter Vor­ur­tei­le ge­gen­über psy­chisch er­krank­ten Men­schen bei. Häu­fig sto­ßen be­trof­fe­ne psy­chisch er­krank­te Men­schen und de­ren An­ge­hö­ri­ge auf ei­ne Mau­er des Schwei­gens. Über psy­chi­sche Ge­sund­heits­pro­ble­me wird nicht gern ge­spro­chen. Da­bei kommt bei vie­len be­trof­fe­nen Men­schen zur schwie­ri­gen krank­heits­be­ding­ten Si­tua­ti­on auch Angst, Ver­un­si­che­rung, Scham und Ver­zweif­lung hin­zu. Die­se emo­tio­na­le Be­las­tung führt zu wei­te­rer Iso­la­ti­on. In die­ser Si­tua­ti­on sind oft Kom­mu­ni­ka­ti­on und mensch­li­che Zu­wen­dung be­son­ders wich­tig, denn für Men­schen mit psy­chi­schen Er­kran­kun­gen gibt es ne­ben rein me­di­zi­ni­schen The­ra­pie­an­sät­zen heu­te auch viel­fäl­ti­ge Un­ter­stüt­zungs­mög­lich­kei­ten zur Be­wäl­ti­gung des All­tags. So be­ant­wor­ten Fach­leu­te im An­schluss an die ge­zeig­ten Fil­me Fra­gen zu un­ter­schied­lichs­ten The­men. Da­bei be­steht auch die Mög­lich­keit, sich über den ak­tu­el­len Stand der For­schung, über see­li­sche Ge­sund­heit und das Ver­sor­gungs­sys­tem der Han­se­stadt Ros­tock zu in­for­mie­ren. Es wer­den the­ma­tisch sechs un­ter­schied­li­che Fil­me ge­zeigt, die sich in der fil­mi­schen Dar­stel­lung mit häu­fi­gen psych­ia­tri­schen Er­kran­kun­gen aus­ein­an­der­set­zen, wie post­trau­ma­ti­sche Be­las­tungs­stö­rung, ma­nisch-de­pres­si­ven Stö­run­gen, Ess­stö­rung, Schi­zo­phre­nie und Per­sön­lich­keits­stö­run­gen.

Hö­he­punkt ist ein Do­ku­men­tar­film der Re­gis­seu­rin Alex­an­dra Pohl­mei­er über die "Gran­de da­me" der deut­schen Psych­ia­trie-Er­fah­re­nen-Be­we­gung - ein Film­erleb­nis der be­son­de­ren Art über die er­grei­fen­de Le­bens­ge­schich­te der Do­ro­thea Buck. Die Or­ga­ni­sa­to­ren freu­en sich sehr über zahl­rei­che Be­su­cher der ei­nen oder an­de­ren Film­vor­stel­lung oder Ver­an­stal­tun­gen der XVI. Ta­ge der Ge­mein­de­psych­ia­trie der Han­se­stadt Ros­tock.

Ver­an­stal­tungs­ort Licht­spiel­thea­ter Wun­der­voll, im Han­sa-Ki­no, Saal 3 u. 4, Ma­ß­mann­stra­ße 14, 18057 Ros­tock, www.​liwu.​de, Kar­ten­be­stel­lun­gen un­ter Tel./Fax 4903859 mail@​liwu.​de, zu er­rei­chen mit Bus­li­ni­en 24 und 25 bis Schil­lin­g­al­lee, S-Bahn bis Park­stra­ße, Stra­ßen­bahn­li­ni­en 1, 4 und 5 bis Ma­ß­mann­stra­ße. Nachts fah­ren die Li­ni­en F1 und F2 ab Schil­lin­g­al­lee Ein­tritts­prei­se: Schü­ler: 3 Eu­ro, Er­wach­se­ne: 6 Eu­ro

Pro­gramm der Ver­an­stal­tungs­ta­ge

Tra­di­tio­nel­le Spe­zi­al­vor­stel­lung für Be­rufs­schu­len, 7. Ok­to­ber 14.00 Uhr Ber­lin cal­ling, Re­gie: Han­nes Stöhr, D 2008, 100 min, FSK 12

Der Ber­li­ner DJ und Pro­du­zent Mar­tin Ka­row, ge­nannt Ickarus, tourt mit sei­ner Ma­na­ge­rin und Freun­din Mat­hil­de durch die Tanz­clubs der Welt. Um die Ta­ge und Näch­te durch­zu­hal­ten, nimmt er Dro­gen, die er von sei­nem Freund Erb­se be­kommt. Er möch­te bald sein neu­es Al­bum ver­öf­fent­li­chen. Nach­dem Ickarus je­doch bei ei­nem Auf­tritt ei­ne PMA-hal­ti­ge Ec­sta­sy-Ta­blet­te kon­su­miert hat, er­lei­det er ei­ne dro­gen­in­du­zier­te Psy­cho­se. Prompt lan­det er in ei­ner Kli­nik und soll sich ei­ner The­ra­pie un­ter­zie­hen. Doch der DJ hat Pro­ble­me da­mit, die Fin­ger von den Dro­gen zu las­sen und sich ei­nem Re­gle­ment wie dem der Psych­ia­te­rin Pe­tra Pau (Co­rin­na Har­fouch) zu un­ter­wer­fen. Im­mer wie­der re­bel­liert er ge­gen die The­ra­pie, fei­ert Or­gi­en in der Kli­nik und bricht aus, um sich er­neut mit Stoff zu ver­sor­gen. Mit sei­nen Es­ka­pa­den ge­fähr­det Ickarus al­les, was sei­nem un­ste­ten Le­ben bis­lang Si­cher­heit und Sta­bi­li­tät ver­lieh - sei­ne Be­zie­hung zu Mat­hil­de, sei­nen Plat­ten­ver­trag, sei­ne Krea­ti­vi­tät... An­schlie­ßen­des Film­ge­spräch mit Dr. Ant­je Wro­ciszew­ski, Ge­sund­heits­amt, Dr. Tho­mas Leyk, Ge­sund­heits­amt, Ver­tre­tern des Pro­jek­tes "Das Ver-rück­te Schul­pro­jekt"

Frei­tag, 8. Ok­to­ber 2010

Er­öff­nung der Film­ta­ge, Dr. Ant­je Wro­ciszew­ski, Ge­sund­heits­amt, Sucht- und Psych­ia­trie­ko­or­di­na­to­rin der Han­se­stadt Ros­tock

20 Uhr Vin­cent will meer, Re­gie: Ralf Hu­ett­ner, D 2010, 95 min, FSK 6

Nach­dem sei­ne Mut­ter ge­stor­ben ist, wird Vin­cent von sei­nem Va­ter in ein Heim ab­ge­scho­ben, weil er un­ter dem Touret­te-Syn­drom lei­det. Doch Vin­cent hat den letz­ten Wunsch sei­ner Mut­ter nicht ver­ges­sen: sie woll­te ein­mal das Meer se­hen. Zu­sam­men mit der ma­ger­süch­ti­gen Ma­rie, sei­nem an Zwangs­stö­run­gen lei­den­den Zim­mer­ge­nos­sen Alex­an­der und ei­ner Do­se mit der Asche sei­ner Mut­ter ent­schlie­ßt er sich nun, end­lich ans Meer zu fah­ren. Nach­dem sie das Au­to der Heim­lei­te­rin ent­wen­det ha­ben, folgt ein Katz und Maus Spiel Rich­tung ita­lie­ni­sche Küs­te. An­schlie­ßen­des Film­ge­spräch mit Fach­leu­ten

Sonn­tag, 10. Ok­to­ber 2010

Sonn­tags­ma­ti­nee zum Welt­tag der see­li­schen Ge­sund­heit Ein­lass 10.00 Uhr, Er­öff­nung des Büf­fets im Foy­er des Hansa­ki­nos, Klei­ne Aus­stel­lung von Ar­bei­ten Psych­ia­trie- Er­fah­re­ner

11 Uhr Lars und die Frau­en, Re­gie: Craig Gil­le­spie, USA 2007, 107 min, DF, FSK o. A.

Lars Lind­strom ist ein jun­ger und gut aus­se­hen­der Mann. Doch lei­der führt er durch sein aus­ge­präg­tes in­tro­ver­tier­tes Ver­hal­ten ein recht ein­sa­mes Le­ben, bis er im In­ter­net ei­ne Frau na­mens Bi­an­ca ken­nen lernt, die er prompt sei­nem Bru­der Gus und des­sen Frau Ka­ren vor­stel­len möch­te. Lars neue Freun­din ¿ent­puppt" sich je­doch als le­bens­gro­ße Gum­mi­pup­pe. Das ge­schock­te Paar sucht Hil­fe bei der Haus­ärz­tin Dag­mar, die emp­fiehlt, Lars in sei­ner Neu­ro­se zu­zu­spre­chen und mit­zu­spie­len. Denn Lars wür­de sie so lan­ge für le­ben­dig hal­ten, bis er ei­ne wirk­li­che Frau ge­fun­den ha­be. An­schlie­ßen­des Film­ge­spräch mit Fach­leu­ten

Mon­tag, 11. Ok­to­ber 2010

20.00 Uhr He­len, Re­gie: San­dra Net­tel­beck, D/USA 2009, 119 min, FSK 12

He­len hat al­les, was man für ein an­ge­neh­mes und gu­tes Le­ben braucht. Sie ist glück­lich ver­hei­ra­tet, hat ei­ne Toch­ter, die schein­bar pro­blem­los durch die Pha­sen der Pu­ber­tät ge­langt, und über Geld muss sich die Mu­sik­pro­fes­so­rin auch kei­ne Sor­gen ma­chen. Aber trotz­dem macht ihr Le­ben an ei­nem Punkt halt und kehrt sich ins Ne­ga­ti­ve. He­len wird plötz­lich und ei­gent­lich oh­ne er­sicht­li­chen Grund de­pres­siv und lan­det schlie­ß­lich beim Sui­zid-Ver­such. Wäh­rend Mann und Toch­ter hilf­los sind, fin­det ei­ne ehe­ma­li­ge Stu­den­tin von He­len, Mat­hil­da, die Ähn­li­ches durch­ge­macht hat, lang­sam Zu­gang zu ihr. An­schlie­ßen­des Film­ge­spräch mit Fach­leu­ten

Diens­tag, 12. Ok­to­ber ¿Vor­stel­lung für Be­rufs­schu­len¿ 14.00 Uhr Ber­lin cal­ling Re­gie: Han­nes Stöhr, D 2008, 100 min, FSK 12 Film­be­schrei­bung s. Don­ners­tag, 7. Ok­to­ber An­schlie­ßen­des Film­ge­spräch mit Dr. Ant­je Wro­ciszew­ski, Dr. Tho­mas Leyk, Ge­sund­heits­amt Ver­tre­tern des Pro­jek­tes ¿Das Ver-rück­te Schul­pro­jekt¿ 20.00 Uhr Der So­list Re­gie: Joe Wrigth, UK/USA 2009, 117 min FSK 12 Der Jour­na­list Ste­ve Lopez ent­deckt auf den Stra­ßen von Los An­ge­les den ehe­ma­li­gen Mu­sik-Vir­tuo­sen Na­tha­ni­el An­tho­ny Ay­ers, der sich als mitt­ler­wei­le als Stra­ßen­mu­si­ker durch­schlägt. Lopez will dem schi­zo­phre­nen, ob­dach­lo­sen Mann, der einst als mu­si­ka­li­sches Wun­der­kind ge­fei­ert wur­de, hel­fen und freun­det sich da­bei mit ihm an. An­schlie­ßen­des Film­ge­spräch mit Fach­leu­ten Mitt­woch, 13. Ok­to­ber 20.00 Uhr Him­mel und Mehr - Do­ro­thea Buck auf der Spur Do­ku­men­tar­film, Re­gie: Alex­an­dra Pohl­mei­er D 2003-2009 , 90 min, FSK o. A. ¿Him­mel und mehr¿ zeigt Weg und Werk ei­ner au­ßer­ge­wöhn­li­chen Frau.1917 ge­bo­ren, ge­rät Do­ro­thea Buck mit 19 Jah­ren in ei­ne schwe­re psy­chi­sche Kri­se. Die ärzt­li­che Dia­gno­se Schi­zo­phre­nie stem­pelt sie im Drit­ten Reich als min­der­wer­tig ab, sie wird 1936 zwangs­ste­ri­li­siert und ent­geht nur knapp der ¿Eu­tha­na­sie¿. Ent­ge­gen der ärzt­li­chen Un­heil­bar­keits­pro­gno­se ver­sucht Do­ro­thea Buck zu ver­ste­hen, was sie in die Psy­cho­se ge­trie­ben hat und ent­wi­ckelt ei­ne ei­ge­ne Theo­rie ih­rer Er­kran­kung. Die Re­gis­seu­rin Alex­an­dra Pohl­mei­er be­glei­te­te Do­ro­thea Buck zwi­schen 2001 und 2008 re­gel­mä­ßig, um die­se gro­ße Le­bens­er­zäh­lung fest­zu­hal­ten. Er­gänzt wird sie durch die Au­ßen­per­spek­ti­ve der jün­ge­ren Schwes­ter, die ein Schlag­licht auf die Rat- und Hilf­lo­sig­keit von An­ge­hö­ri­gen psy­chisch Er­krank­ter wirft. Ei­nen be­son­de­ren Stel­len­wert be­kommt das künst­le­ri­sche Werk Do­ro­thea Bucks: Ak­zen­tu­iert ein­ge­schnit­ten ent­fal­tet sich ein be­ein­dru­cken­des bild­haue­ri­sches Schaf­fen, das vor al­lem das zu be­schwö­ren scheint, was ihr in den so ge­nann­ten Heil­an­stal­ten ver­sagt ge­blie­ben ist: Mensch­li­che Zu­wen­dung und Wär­me. ¿Him­mel und mehr¿ ist ein Film über ei­ne mu­ti­ge Frau - ein Film, der Mut macht. Die Re­gis­seu­rin wird selbst an­we­send sein und den Zu­schau­ern im An­schluss zum Ge­spräch zur Ver­fü­gung ste­hen.