XVI. Veranstaltungsreihe der Rostocker Gemeindepsychiatrie:
Pressemitteilung vom
In der Woche vom 7. bis 13. Oktober finden zum fünften Mal die Rostocker Filmtage "AB`GEDREHT" im Lichtspieltheater Wundervoll statt. Vor dem Hintergrund, dass Depressionen und Angststörungen immer mehr an Bedeutung gewinnen und bei Arbeitsunfähigkeitsfällen sowie Frühberentungen bereits jetzt eine führende Rolle spielen, wurde diese thematische Filmwoche durch das Gesundheitsamt in Zusammenarbeit mit der Klinik für Psychiatrie der Universität Rostock, der Gesellschaft für Gesundheit und Pädagogik, der AWO-Sozialarbeit, den Landesverbänden Psychiatrie-Erfahrener Mecklenburg-Vorpommern e.V. und Angehöriger und Freunde psychisch Kranker e.V. sowie dem Lichtspieltheater Wundervoll organisiert.
Schätzungen zufolge leiden mehr als 27 Prozent der erwachsenen Europäerinnen und Europäer mindestens einmal im Leben unter psychischen Störungen. Die am weitesten verbreiteten Störungen in der EU sind Angst und Depressionen. Es wird damit gerechnet, dass Depressionen bis zum Jahr 2020 die zweithäufigste Ursache von Erkrankungen in den Industriestaaten sein werden. Zurzeit sterben in der EU etwa 58.000 Personen jährlich durch Selbsttötung. Das derzeitige Lebenszeitrisiko, an einer psychischen Störung zu erkranken, liegt allerdings mit über 50 Prozent der Bevölkerung wesentlich höher. Ausmaß und Folgen sind dabei höchst variabel: Einige erkranken nur episodisch kurzzeitig über Wochen und Monate, andere längerfristiger. Ca. 40 Prozent sind chronisch, dass heißt über Jahre oder gar von der Adoleszenz bis an ihr Lebensende, betroffen.
In diesem Sinne trägt diese Woche sowohl zur Aufklärung über verschiedene psychische Erkrankungen als auch zur Relativierung und Sensibilisierung weitverbreiteter Vorurteile gegenüber psychisch erkrankten Menschen bei. Häufig stoßen betroffene psychisch erkrankte Menschen und deren Angehörige auf eine Mauer des Schweigens. Über psychische Gesundheitsprobleme wird nicht gern gesprochen. Dabei kommt bei vielen betroffenen Menschen zur schwierigen krankheitsbedingten Situation auch Angst, Verunsicherung, Scham und Verzweiflung hinzu. Diese emotionale Belastung führt zu weiterer Isolation. In dieser Situation sind oft Kommunikation und menschliche Zuwendung besonders wichtig, denn für Menschen mit psychischen Erkrankungen gibt es neben rein medizinischen Therapieansätzen heute auch vielfältige Unterstützungsmöglichkeiten zur Bewältigung des Alltags. So beantworten Fachleute im Anschluss an die gezeigten Filme Fragen zu unterschiedlichsten Themen. Dabei besteht auch die Möglichkeit, sich über den aktuellen Stand der Forschung, über seelische Gesundheit und das Versorgungssystem der Hansestadt Rostock zu informieren. Es werden thematisch sechs unterschiedliche Filme gezeigt, die sich in der filmischen Darstellung mit häufigen psychiatrischen Erkrankungen auseinandersetzen, wie posttraumatische Belastungsstörung, manisch-depressiven Störungen, Essstörung, Schizophrenie und Persönlichkeitsstörungen.
Höhepunkt ist ein Dokumentarfilm der Regisseurin Alexandra Pohlmeier über die "Grande dame" der deutschen Psychiatrie-Erfahrenen-Bewegung - ein Filmerlebnis der besonderen Art über die ergreifende Lebensgeschichte der Dorothea Buck. Die Organisatoren freuen sich sehr über zahlreiche Besucher der einen oder anderen Filmvorstellung oder Veranstaltungen der XVI. Tage der Gemeindepsychiatrie der Hansestadt Rostock.
Veranstaltungsort Lichtspieltheater Wundervoll, im Hansa-Kino, Saal 3 u. 4, Maßmannstraße 14, 18057 Rostock, www.liwu.de, Kartenbestellungen unter Tel./Fax 4903859 mail@liwu.de, zu erreichen mit Buslinien 24 und 25 bis Schillingallee, S-Bahn bis Parkstraße, Straßenbahnlinien 1, 4 und 5 bis Maßmannstraße. Nachts fahren die Linien F1 und F2 ab Schillingallee Eintrittspreise: Schüler: 3 Euro, Erwachsene: 6 Euro
Programm der Veranstaltungstage
Traditionelle Spezialvorstellung für Berufsschulen, 7. Oktober 14.00 Uhr Berlin calling, Regie: Hannes Stöhr, D 2008, 100 min, FSK 12
Der Berliner DJ und Produzent Martin Karow, genannt Ickarus, tourt mit seiner Managerin und Freundin Mathilde durch die Tanzclubs der Welt. Um die Tage und Nächte durchzuhalten, nimmt er Drogen, die er von seinem Freund Erbse bekommt. Er möchte bald sein neues Album veröffentlichen. Nachdem Ickarus jedoch bei einem Auftritt eine PMA-haltige Ecstasy-Tablette konsumiert hat, erleidet er eine drogeninduzierte Psychose. Prompt landet er in einer Klinik und soll sich einer Therapie unterziehen. Doch der DJ hat Probleme damit, die Finger von den Drogen zu lassen und sich einem Reglement wie dem der Psychiaterin Petra Pau (Corinna Harfouch) zu unterwerfen. Immer wieder rebelliert er gegen die Therapie, feiert Orgien in der Klinik und bricht aus, um sich erneut mit Stoff zu versorgen. Mit seinen Eskapaden gefährdet Ickarus alles, was seinem unsteten Leben bislang Sicherheit und Stabilität verlieh - seine Beziehung zu Mathilde, seinen Plattenvertrag, seine Kreativität... Anschließendes Filmgespräch mit Dr. Antje Wrociszewski, Gesundheitsamt, Dr. Thomas Leyk, Gesundheitsamt, Vertretern des Projektes "Das Ver-rückte Schulprojekt"
Freitag, 8. Oktober 2010
Eröffnung der Filmtage, Dr. Antje Wrociszewski, Gesundheitsamt, Sucht- und Psychiatriekoordinatorin der Hansestadt Rostock
20 Uhr Vincent will meer, Regie: Ralf Huettner, D 2010, 95 min, FSK 6
Nachdem seine Mutter gestorben ist, wird Vincent von seinem Vater in ein Heim abgeschoben, weil er unter dem Tourette-Syndrom leidet. Doch Vincent hat den letzten Wunsch seiner Mutter nicht vergessen: sie wollte einmal das Meer sehen. Zusammen mit der magersüchtigen Marie, seinem an Zwangsstörungen leidenden Zimmergenossen Alexander und einer Dose mit der Asche seiner Mutter entschließt er sich nun, endlich ans Meer zu fahren. Nachdem sie das Auto der Heimleiterin entwendet haben, folgt ein Katz und Maus Spiel Richtung italienische Küste. Anschließendes Filmgespräch mit Fachleuten
Sonntag, 10. Oktober 2010
Sonntagsmatinee zum Welttag der seelischen Gesundheit Einlass 10.00 Uhr, Eröffnung des Büffets im Foyer des Hansakinos, Kleine Ausstellung von Arbeiten Psychiatrie- Erfahrener
11 Uhr Lars und die Frauen, Regie: Craig Gillespie, USA 2007, 107 min, DF, FSK o. A.
Lars Lindstrom ist ein junger und gut aussehender Mann. Doch leider führt er durch sein ausgeprägtes introvertiertes Verhalten ein recht einsames Leben, bis er im Internet eine Frau namens Bianca kennen lernt, die er prompt seinem Bruder Gus und dessen Frau Karen vorstellen möchte. Lars neue Freundin ¿entpuppt" sich jedoch als lebensgroße Gummipuppe. Das geschockte Paar sucht Hilfe bei der Hausärztin Dagmar, die empfiehlt, Lars in seiner Neurose zuzusprechen und mitzuspielen. Denn Lars würde sie so lange für lebendig halten, bis er eine wirkliche Frau gefunden habe. Anschließendes Filmgespräch mit Fachleuten
Montag, 11. Oktober 2010
20.00 Uhr Helen, Regie: Sandra Nettelbeck, D/USA 2009, 119 min, FSK 12
Helen hat alles, was man für ein angenehmes und gutes Leben braucht. Sie ist glücklich verheiratet, hat eine Tochter, die scheinbar problemlos durch die Phasen der Pubertät gelangt, und über Geld muss sich die Musikprofessorin auch keine Sorgen machen. Aber trotzdem macht ihr Leben an einem Punkt halt und kehrt sich ins Negative. Helen wird plötzlich und eigentlich ohne ersichtlichen Grund depressiv und landet schließlich beim Suizid-Versuch. Während Mann und Tochter hilflos sind, findet eine ehemalige Studentin von Helen, Mathilda, die Ähnliches durchgemacht hat, langsam Zugang zu ihr. Anschließendes Filmgespräch mit Fachleuten
Dienstag, 12. Oktober ¿Vorstellung für Berufsschulen¿ 14.00 Uhr Berlin calling Regie: Hannes Stöhr, D 2008, 100 min, FSK 12 Filmbeschreibung s. Donnerstag, 7. Oktober Anschließendes Filmgespräch mit Dr. Antje Wrociszewski, Dr. Thomas Leyk, Gesundheitsamt Vertretern des Projektes ¿Das Ver-rückte Schulprojekt¿ 20.00 Uhr Der Solist Regie: Joe Wrigth, UK/USA 2009, 117 min FSK 12 Der Journalist Steve Lopez entdeckt auf den Straßen von Los Angeles den ehemaligen Musik-Virtuosen Nathaniel Anthony Ayers, der sich als mittlerweile als Straßenmusiker durchschlägt. Lopez will dem schizophrenen, obdachlosen Mann, der einst als musikalisches Wunderkind gefeiert wurde, helfen und freundet sich dabei mit ihm an. Anschließendes Filmgespräch mit Fachleuten Mittwoch, 13. Oktober 20.00 Uhr Himmel und Mehr - Dorothea Buck auf der Spur Dokumentarfilm, Regie: Alexandra Pohlmeier D 2003-2009 , 90 min, FSK o. A. ¿Himmel und mehr¿ zeigt Weg und Werk einer außergewöhnlichen Frau.1917 geboren, gerät Dorothea Buck mit 19 Jahren in eine schwere psychische Krise. Die ärztliche Diagnose Schizophrenie stempelt sie im Dritten Reich als minderwertig ab, sie wird 1936 zwangssterilisiert und entgeht nur knapp der ¿Euthanasie¿. Entgegen der ärztlichen Unheilbarkeitsprognose versucht Dorothea Buck zu verstehen, was sie in die Psychose getrieben hat und entwickelt eine eigene Theorie ihrer Erkrankung. Die Regisseurin Alexandra Pohlmeier begleitete Dorothea Buck zwischen 2001 und 2008 regelmäßig, um diese große Lebenserzählung festzuhalten. Ergänzt wird sie durch die Außenperspektive der jüngeren Schwester, die ein Schlaglicht auf die Rat- und Hilflosigkeit von Angehörigen psychisch Erkrankter wirft. Einen besonderen Stellenwert bekommt das künstlerische Werk Dorothea Bucks: Akzentuiert eingeschnitten entfaltet sich ein beeindruckendes bildhauerisches Schaffen, das vor allem das zu beschwören scheint, was ihr in den so genannten Heilanstalten versagt geblieben ist: Menschliche Zuwendung und Wärme. ¿Himmel und mehr¿ ist ein Film über eine mutige Frau - ein Film, der Mut macht. Die Regisseurin wird selbst anwesend sein und den Zuschauern im Anschluss zum Gespräch zur Verfügung stehen.