Ein Ort der Trauer, ein Ort der Ruhe, Lebensraum und grüne Lunge der Stadt
Pressemitteilung vom
Rostock feiert am 20. September den Tag des Friedhofs auf dem Neuen Friedhof
Auf dem Neuen Friedhof in Rostock finden sich zahlreiche bemerkenswerte Grabstätten, darunter derer von Persönlichkeiten, die eng mit der Rostocker Stadtgeschichte verknüpft sind. Wilhelm Schomburg zum Beispiel. Sein Grab ist schlicht, in Stein gemeißelt stehen die Worte „Stadt, Gartendir., W. Schomburg, 1870 - 1940“ darauf. Es ist zu finden im historischen Teil der Begräbnisanlage, auf dem Grabfeld Od. Der Stadtgärtner und spätere Stadtgartendirektor von Rostock liegt damit dort begraben, wo er maßgeblich seine Handschrift hinterlassen hat: auf „seinem“ Neuen Friedhof.
Am 20. September dieses Jahres wird an diesem geschichtsträchtigen Ort auf dem Neuen Friedhof in der Satower Straße der bundesweite Tag des Friedhofs begangen, an dem sich die Hanse- und Universitätsstadt Rostock mit zahlreichen Angeboten beteiligt, unter anderem auch mit einer Führung zu besonderen Grabstätten. Wie im vergangenen Jahr trägt die Veranstaltung das Motto „endlich und lebendig“. Zwischen 10 und 14 Uhr werden darüber hinaus weitere thematische Rundgänge angeboten, Dr. Anja Kretschmer-Rodenbröker liest aus ihrem neuen Buch „Friedhofsgeflüster“, es können Traumfänger und Erinnerungslichter gebastelt werden und es werden verschiedene Ausstellungen zu sehen sein. Darüber hinaus sind zahlreiche Infostände geplant, die über das heutige Friedhofswesen und Bestattungskulturen aufklären. Ins Leben gerufen, wurde der Tag des Friedhofs als Aktionstag für Friedhofs- und Bestattungskultur 2001 vom Bund deutscher Friedhofsgärtner im Zentralverband Gartenbau e.V..
„Die Denkweise, dass Friedhöfe Orte der Toten sind, hat sich gewandelt. Friedhöfe sind sehr lebendige Orte, Lebensraum für Tiere und Pflanzen und Naherholungsgebiete für uns Menschen. Wir haben sogar zwei Imker auf dem Neuen Friedhof Rostock. Das alles wollen wir am Tag des Friedhofs zeigen“, verdeutlicht Renate Behrmann, Leiterin vom städtischen Amt für Stadtgrün, Naturschutz und Friedhofswesen. „Die Bestattungskultur hat sich seit den letzten Jahrzehnten maßgeblich verändert und orientiert sich entsprechend der Bedürfnisse der Menschen an platzsparenden Bestattungsangeboten, die häufig kostengünstiger und weniger pflegeintensiv sind. Es werden heute mehr Urnenbeisetzungen als Erdbestattungen gewählt, aber auch Urnenbeisetzungen in gestalteten Gemeinschaftsanlagen“, so Behrmann.
Bis in die 1960er Jahre gingen die Stadtplaner entsprechend der Bevölkerungsprognosen für Rostock davon aus, dass der Neue Friedhof bereits Anfang der 1970er Jahre an seine Kapazitätsgrenzen stoßen würde. Doch es sollte anders kommen. Dort, wo einst geschlossene Grabreihen angelegt wurden, werden einzelne Grabflächen nicht wieder belegt. Die Flächen müssen neu gedacht werden. Es sind Blühwiesen, Sitzgelegenheiten, neue Gedenkorte und sogar ein Klettergerüst entstanden – für Familien, die ein Kind verloren haben.
Der Neue Friedhof Rostock ist ein Denkmal der Garten- und Landschaftsgestaltung und steht seit 1984 als Einzeldenkmal in der Denkmalliste der Hanse- und Universitätsstadt Rostock. Neben der Friedhofsfläche umfasst das Einzeldenkmal auch die baulichen Anlagen. Inzwischen gibt es mehrere Gedenkstätten auf dem Neuen Friedhof – für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges, für die Opfer des Zweiten Weltkrieges, für die Verfolgten des Nationalsozialismus.
Die Geschichte des Neuen Friedhofs ist eng mit der persönlichen Geschichte Wilhelm Schomburgs verbunden: In seiner Zeit in den Diensten der Stadt Rostock bestimmte er knapp zwei Jahrzehnte über die Entwicklung des Friedhofes. Was ihm besonders am Herzen lag: Eine feinfühlige landschaftliche Gestaltung als gut strukturierte, ornamentale Parkanlage, die Intimität zulässt und ein Ort zum Gedenken an die Verstorbenen ermöglicht, inmitten von lebendigem Grün. „Friedhöfe spielen in Hinblick auf unser Stadtklima eine wichtige Rolle, da sie aufgrund der zahlreichen Bäume, Sträucher und Grünflächen uns nicht nur mit Sauerstoff versorgen, sondern ein natürlicher Hitzeschutz sind“, sagt Dr. Ute Fischer-Gäde, Senatorin für Stadtplanung, Bau, Klimaschutz und Mobilität und ergänzt: „In Anbetracht zunehmender Hitzewellen brauchen wir diese grünen Oasen für unsere Lebens- und Luftqualität.“
Aus der Geschichte
Weil Rostock im frühen 20. Jahrhundert rasant aufwuchs, die Verdichtung im Zentrum voranschritt und die Idee aufkam, Friedhöfe aus hygienischen und aus erweiterungstechnischen Gründen vor die Tore der Stadt zu legen, etablierte sich die Idee, einen kommunalen Zentralfriedhof westlich der Stadt auf der Damerower Feldmark zu errichten. Paul Ehmig, von 1905 bis 1908 Stadtbaumeister in Rostock, fertigte die Vorstudie zum Friedhofsgelände an und plante die Feierhalle und die Eingangsgebäude. Ende 1908 wurde schließlich mit der Errichtung des Neuen Friedhofs begonnen. Auf einer Fläche von rund 20 Hektar sollten neue Begräbnisplätze geschaffen werden, dazu außerdem mehrere Hochbauten wie das Verwaltungs- und Wärterhaus im Eingangsbereich, die Feierhalle mit ihren Seitenkapellen, eine Leichenhalle mit sich anschließender Kapelle. Am 31. März 1912 wurde der Neue Friedhof schließlich feierlich eröffnet. 1928 wurde auf dem Gelände ein Krematorium erbaut, womit in Rostock nun auch Feuerbestattungen durchgeführt werden konnten. 1943 wurde der Friedhof an der Satower Straße erstmals erweitert, die zweite und letzte Erweiterung erfuhr er in den 1950er Jahren. Damit erreichte der Friedhof eine Größe von 44 Hektar, die heute vollständig durch das städtische Amt für Stadtgrün, Naturschutz und Friedhofswesen verwaltet und bewirtschaftet werden.
Tag des Friedhofs: Das Programm
10.15 und 12.30 Uhr
Führung durch den Feierhallenkomplex
11 Uhr
Führung zum Baumbestand
12 Uhr
Führung zu den bemerkenswerten Grabstätten mit Dr. Antje Krause
13 Uhr
Lesung aus dem neuen Buch zum Friedhofsgeflüster mit Dr. Anja Kretschmer-Rodenbröker
10 bis 14 Uhr
Kaffee und Kuchen, Informationsstände von regionalen Bestattungsunternehmen, Einblicke und Mitmachangebote rund um das Steinmetzhandwerk, Muster-Grabbepflanzungen, Foto-Ausstellung mit historischen Aufnahmen vom Neuen Friedhof Rostock, Artenschutz und Bienenhaltung auf dem Friedhof, Infostand der Slow Flower Bewegung e.V. zu nachhaltiger Trauerfloristik, kreative Mitmachangebote




