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Na­vi­ga­ti­on

Tat­or­te der Ver­gan­gen­heit

Pres­se­mit­tei­lung vom 23.12.2022 - Rat­haus

Stadt­ar­chiv ar­bei­tet 15.000 his­to­ri­sche Ge­richts­ak­ten auf


Der Hang zur Zi­cke gilt sel­ten als Er­folgs­re­zept, im Stadt­ar­chiv hin­ge­gen ist er ers­te Wahl. Denn nichts rei­nigt his­to­ri­sche Ak­ten sanf­ter von Schmutz und Staub als ei­ne Zie­gen­haar­bürs­te. „Sie ist be­son­ders weich und schont die wert­vol­len Do­ku­men­te“, er­zählt Se­bas­ti­an Eich­ler. Der 31-jäh­ri­ge His­to­ri­ker er­weckt ge­mein­sam mit Stadt­ar­chi­va­rin Ant­je Die­ber­mann his­to­ri­sche Ros­to­cker Ge­richts­ak­ten wie­der zum Le­ben. Ge­rei­nigt, ge­ord­net und nach Jah­res­zah­len sor­tiert sol­len die „Tat­or­te der Ver­gan­gen­heit“ ei­ner in­ter­es­sier­ten Öf­fent­lich­keit zu­gäng­lich ge­macht wer­den. Mord und Tot­schlag kom­men da­bei eher sel­ten zu Ta­ge. Zu­meist gab es Strei­te­rei­en um laut grun­zen­de Schwei­ne des Nach­barn, Erb­schafts­ge­r­an­gel oder Schul­den. Da­bei be­schimpf­te man sei­nen Kon­tra­hen­ten gern ab­grund­tief ver­ach­tend als „Schelm“. Wer Bö­ses da­bei denkt, liegt rich­tig, denn die in­zwi­schen harm­lo­se Wen­dung war da­mals an Hef­tig­keit kaum zu über­bie­ten. „Die al­ten Un­ter­la­gen ber­gen viel Le­se­spaß, zu­mal vie­le Aus­sa­gen im Ori­gi­nal zi­tiert wer­den“, schmun­zelt Se­bas­ti­an Eich­ler. Da­bei muss er sich pro­fes­sio­nell durch in Deutsch, La­tein und Platt for­mu­lier­te Ak­ten­ber­ge le­sen.

Ins­ge­samt um­fasst das kei­nes­wegs an­ge­staub­te Pro­jekt über 15.000 Fäl­le, die bis in das Jahr 1570 zu­rück­da­tiert wer­den kön­nen. „Die kom­plet­te Durch­sicht der his­to­ri­schen Pa­pie­re wird wohl noch sie­ben Ros­to­cker Jah­re dau­ern“, freut sich Se­bas­ti­an Eich­ler, der dem Ak­ten­schim­mel ein­falls­reich mit Rußfres­ser­schwamm zu Lei­be rückt. Be­son­de­re Ent­de­cker­freu­de kommt bei ihm auf, wenn his­to­ri­sche Hand­zeich­nun­gen bei­spiels­wei­se von Ros­to­cker Hin­ter­hö­fen oder Stamm­baum-Ab­bil­dun­gen zu Ta­ge tre­ten. Dann kann er sich schon mal mit der Zi­cken­bürs­te in Ros­tocks span­nen­der Ver­gan­gen­heit fest­le­sen.

Kers­tin Ka­naa